Samstag, 23. August 2014

Peking!!

Der VPN ist installiert! (Astrill, 6$ / Monat wen's interessiert)

Heißt, ich kann was bloggen.
Hier mal so, was die ersten Tage passiert ist, nebst ein paar generellen Eindrücken. Photos kommen, wenn ich die Kamera mal geleert habe..

Angekommen bin ich am Mittwoch.

Der Flug war gut, gemütlich fast. Ein Freund meiner Großeltern holte mich ab und zunächst ging es in ein Hotel um ein wenig zu quatschen, die Lage zu sondieren und einen ersten Kaffee zu trinken (Ortszeit gegen 10 morgens, für mich da noch 4 Uhr nachts). Benno ist ein jemütlischer Rheinländer, der mich erstmal zum Kaffee eingeladen und dann in sein Penthouse verfrachtet hat, wo ich Duschen und ne Stunde schlafen konnte - große Dankbarkeit meinerseits. Danach gings in mein Hostel, einchecken, auf dem Bett die zur Verfügung stehenden Führer durchlesen und irgendwann lostingeln.

Die Stadt ist SO RIESIG, die Entfernungen überall hin sind wahnsinnig. Fast keine Gebäude, die viel älter als 30 Jahre sind, es wechselt sich lediglich zwischen billiger Platte und Hochglanzbusiness ab. Hin und wieder trifft man allerdings noch auf ein Hutong-Viertel (Bungalows im traditionellen Stil, komplett in Grau, mit Innenhöfen, schauderhafter Zustand von allem - Sanitär, Kochen, Isolierung. Als rundumrenovierte Immobilie heute bei den Superreichen allerdings wieder sehr begehrt und unbezahlbar, die parken ihre Luxuslimousinen dann im "4-Harmonien-Hof" genannten Innenhof). Am Abend traf ich Benno und einen Freund wieder, die mich ganz lieb zum Essen eingeladen haben. Lustiger Abend mit sehr gutem Essen!
Nur kurz zu den Sinneseindrücken: War zunächst erschrocken vom Smog - nur um dann zu hören, dass sei noch gar kein Smog. Der unterschwellige, stete Geruch ist original wie damals in Delhi, "akut" wird es ansonsten selten unangenehm, selten zu intensiv. Manchmal fliegt ein wenig köstliche Garküche vermischt mit öffentlichem Klo vorbei - aber das war's dann auch meistens. Krasser Gegensatz teils von Hochhäusern mit blitzenden Glasfassaden und direkt daneben slumähnliche Lebensgemeinschaften und bröckelnde Hutongs. Da drin versteckt teilweise richtig coole Cafés und Geschäfte.

Hutong-Gäßchen südlich von Qianmen


Tags drauf (Donnerstag) ging es das erste Mal in die Sprachschule im sogenannten 9. Soho-Turm in Guomao beim Central Business District. Hier standen noch vor 20 Jahren überall traditionelle Hutongs, mittlerweile ragt Pekings höchster Wolkenkratzer in die Höhe. Auch das berühmte CCTV-Building ist hier, von den Pekingern seiner Form wegen "Boxershorts" genannt, es erinnert sehr den Unterleib von jemandem, der sich zur Verrichtung seiner Geschäfte hingehockt hat. Wem's gefällt..
Kleine Anekdote am Rande: Einer der Pfeiler, in den ein Hotel einziehen sollte, brannte kurz nach der Eröffnung aus, Riesenschock und schlechtes Omen für die weitere Verwendung. Grund dafür war ironischerweise ein illegales Feuerwerk, in Auftrag gegeben von, genau, dem Hausherren CCTV.

Sauschwer ist das Chinesisch und dabei hab ich noch nichtmal wirklich viel mitgenommen.. Mal schauen wie ich mich die nächsten zwei Wochen anstelle.
Völlig fertig bin ich nach Hause gefahren und bin ins Bett gefallen. Wirklich müde, erstmal 1 h geschlafen und eineinhalb Stunden in den Pekingführern geschmökert. Dann eine Möglichkeit zum Essen gesucht (war schon gegen sechs), was gefunden (komplett ohne lateinische Schriftzeichen!), was gegessen und bin zum Kohlehügel gefahren. Sauschöner Hügel über der verbotenen Stadt der aus dem Aushub der Verbotenen Stadt entstand als diese gebaut wurde. Da alles Böse aus dem Norden kam (Mongolen, sibirischer Steppenwind im Winter) wurde der Aushub aus Schutzgründen im Norden der Verbotenen Stadt aufgehäuft, ein Park drumherum angelegt und Pagoden und Tempel gebaut. Vor allem ein unglaublicher Temperaturunterschied zum Rest der Stadt, richtig angenehm! Es ist hier tropisch schwül bei 27 - 30°C, dazu der Smog - schon eher unangehem fürs tägliche Leben. Ständig läuft einem die Suppe runter.. Da oben hat man (neben einem atemberaubenden Ausblick auf die nahegelegenen Seen und den Kaiserpalast) auch eine Vorstellung davon, wie heftig der Smog wirklich ist. Kein Spaß!
Smog überm Kaiserpalast

Wurde von drei Mädels aus Wuhan angeratscht, die gerade Schulferien haben und deshalb in Peking Ferien machen. Die waren auch noch nie da, ziemlich giggelnd, ein wenig schüchtern aber ganz nett. Hatten großes Mitleid, als ich ihnen von den Problemen mit dem Chinesisch erzählt habe. Generell sind die hier ziemlich offen: Eine Gruppe Musiklehrer aus weißnichtwo, die auch grad Ferien machten und in meinem Alter waren, wollten auch quatschen, und natürlich Foto Foto!

Wollte eigentlich schon wieder nach Hause, weil das Wetter zu kippen schien und die roten Lampions, die viel herumhingen, bedrohlich in den Eukalyptusbäumen schwangen, und hab mich durch Hutongs Richtung U-Bahn geschlängelt (die ein viel weniger dichtes Netz hat, als die S-Bahn in München - dementsprechend viel muss man laufen, um wieder zu einer Station zu kommen), da sah ich es verführerisch vom Beihai blinken. Das ist ein Park mit einem See auf dem Gondeln fahren, chinesische mit roten Lampions und hinten hockt ein Mädel in traditionellem chinesischem Kleid und fidelt auf einem traditionellen Instrument. Sehr stimmmungsvoll!
Hou Hai by night
Am Ufer sind Kneipen Ende nie, vor allem mit chinesischer Live-Musik, teils gar nicht übel, nur VIEL zu laut. Man schlendert dran vorbei, ich war wahrscheinlich noch viel zu früh unterwegs da noch niemand saß, aber es war schon brechend voll auf der Straße davor. Auch Stangentanz gibt es, allerdings einigermaßen züchtig bekleidet, so dass der Blick von der Straße in den Laden niemanden schockieren muss. An einem Stand musste ich dann eine Stange mit frisch gebratenem Fleisch unklarer Provenienz probieren - sehr würzig und schmackhaft! Auch gibt es hier Joghurtdrinks in versiegelten Gläsern durch die ein Strohhalm gestoßen wird, alle Welt trinkt das sehr erfrischende Zeug. Ich war begeistert, das werde ich in Deutschland jetzt schon vermissen. Insgesamt ein herrlicher Tag, so allein reisen ist auch mal eine Erfahrung...
KTV (Karaoke) am See

Freitags  habe ich eine Riesentour unternommen: Morgens wie gehabt Sprachkurs, danach mit ein paar anderen Sprachschülern unglaublich gute Burritos gegessen - viel besser als die in München. 2maliger Familienvater und Sprachen-As (Polnisch, Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Russisch und Chinesisch) Piotr aus Polen lernt mit Celeste aus Australien (sehr offen und extrovertiert) seit einem dreiviertel Jahr jeden Tag und ist schon echt stark unterwegs. Beneidenswert! Celeste hat sich gleichmal meine Nummer geschnappt und heute Abend wird mit paar Leuten was getrunken.

Noch kurz zum Sprachkurs: Mein Lehrer heißt Tschien, "money" auf chinesisch wie er mir breit grinsend eröffnet und ist ein 33-jähriger, übergewichtiger Kim-il Sung-Clon, der die Chickenburger von McDonalds liebt ("Is sooo delischiss. OOOooh, I like it very much!") und hat mir schon den Weg zu den Fresstempeln dieser Stadt eröffnet. "If you like, we eat dog. wuff wuff! Is sooo delischiss!" Wir werden sehen.

Hernach ging's in die sogenannte Südstadt durch die Hutongs, genauer gesagt in die Liulichang Lu. Ein ganzes Viertel unter Millieu-Schutz- es darf nicht abgerissen und neugebaut werden (ausser man entkernt und lässt die Fassade im Original /erneuert die Fassade, aber "macht sie auf alt"/ reißt alles ab und baut ein neues Haus was im Entfernten daran erinnert was hier mal für ein Schatz stand). Sprich, es ist alles neu, aber auf alt gemacht. Sauschade. Trotzdem, tolle Läden und Kunstausstellung chinesischer Kalligraphiekunst, einen Künstler, der in einem bedeutenden Kunsthaus morgen eine Ausstellung eröffnet, habe ich sogar selber getroffen: Sein Sohn half mir dabei, in einem Kiosk Wasser zu kaufen. Saunett, seine Kunstausstellung in Privatführung bewundert (teils echt gute Sachen), obligatorisches Foto Foto, "chie chie" (Danke) und ab dafür.
Der Künstler und sein Bewunderer (v.l.n.r. natürlich)

Weiter durch die Hutongs gestreift, komplett traditionelles Leben - und hier und da eine total hippe Galerie, ein Hipster-Café oder ein schicker Underground-Klamottenladen. Daneben kleine Musikstudios die moderne Elektromusik produzieren in Nachbarschaft mit einem bröckelnden Hutong und einer 10-köpfigen Familie. Auf der Straße alte hockende Frauen und Rentner, die auf einem Kartontisch mit Tonscherben Schach spielen. Wahnsinnige Gegensätze von modern und alt, die ans Berlin der 90er erinnern. Auf einmal überholt mich ein chinesisches Mädel auf dem Fahrrad, Studentenalter, und fängt an mit mir zu quatschen auf ausnahmsweise richtig gutem Englisch, flirtet sogar (Kompliment für meine Haare!!!! JAWOLLO) , fragt ob ich WeChat (das chinesische WhatsApp) habe und würde gerne noch eine Stunde einen mit mir trinken gehen. Total offen, super nett und nicht unsympathisch. Naja, ein wenig zu offen und ich wäre auch misstrauisch geworden, wenn mich Celeste am morgen nicht gewarnt hätte: Die sogenannten "tea girls" sprechen genau so Typen wie mich (männlicher Ausländer, unerfahren, jung) an, sind turbo offen und wollen einen trinken gehen, wonach man eine Rechnung um ca. 1000 Kuai ( über hundert €) hat, die zu begleichen ist. Nicht mit mir, ich müsste dringend noch ein GEburtstagsgeschenk kaufen, da ein Geburtstag in Deutschland um die Ecke steht und das Ding noch nach Deutschland losmüsste - und ab dafür.

Dann auf die Tschien-men Dajie (Vordere-Tor-Straße) gebogen wo sich eine sehr wütende Frau mit Polizisten stritt und ungelogen 150 Leute drumherumstanden, feixten und Spaß am Spektakel hatten. Die haben Snacks gekauft, sich hingehockt und Wetten abgeschlossen, wie die Sache ausgeht. Die größte und älteste TCM-Apotheke der Welt steht in der Straße, das ist eine richtige Industrie.
Ich wollte noch ins Mausoleum von Mao (der ist auf Eis gelegt und präserviert, ziemlich gruselig). Der "große Steuermann" wird dort inszeniert wie anderswo Gottheiten: Riesenhalle und Riesenstatue auf einem eigenen Riesenplatz zwischen Vorderem Tor und Tian anmen. Ein Muss für alle chinesischen Beijing-Touristen, für mich eher Kuriosum. Wurde nix, da er im Sommer wegen der Hitze nur von 7-11 "rausgelassen" wird - die haben anscheinend Probleme mit der Präservation des Leichnams und deshalb dergestaltene Restriktionen aufgrund der Mittagshitze. Auch gibt es eine Wachskopie, so dass man nie weiß, ob das gerade wirkliches Kommunistenfleisch oder nur fake ist. Die spinnen, die Chinesen...

Kalligraphiewerkstatt

Abendgestaltung ist auch erwähnenswert: Es kamen ein ganzer Haufen Leute, alles irgendwelche Freunde und Freunde von Freunden. Wir tranken was in der sogenannten Sanlitun - nicht weit vom Restaurant, in das Benno mich am allerersten Abend eingeladen hatte.

Zuerst saß dort Chloe aus England, zog schon an einem Mojito (1,50€ pro Stück!! Echt gefährlich) und begrüßte uns freundlich. Ein zwei Mojito später ging es uns allen gut und wir zogen um in den "1st Floor", eine Bar, die, wie der Name sagt, im Erdgeschoss zu finden ist. Denkste. Der Pächter hat alle anderen Stockwerke dazugenommen und seit einer Woche kann man auf allen Stockwerken im 1st Floor feiern. Ein Amerikaner in der Gruppe hatte gegen 12 Geburtstag, das sollte (unter anderem) gefeiert werden. Der Alkohol war billig, das Wetter und die Stimmung gut und alles passte. Ab ins "Mash", zehn Meter weiter (diese Straße ist gestopft voll mit Bars und Clubs, ziemlich eng, wahnsinnig laut und überall Straßenessensstände, die aber nicht mehr ganz so Appetit machen), wo die Musik vor allem laut war. Wirklich, zu Lärm haben Chinesen generell ein anderes Verhältnis, scheint mir...
Und da stand ich nun in einem ohrenbetäubendem Club mit einigen älteren Chinesen die allesamt sehr fokussiert auf westliche Frauen schienen ("notgeil" ist treffender) und deshalb unsere gesamte Gruppe abfüllen wollten. Ein wenig bizarr war das schon..

Wie gesagt, beim Feiern haben die Chinesen haben einen an der Waffel.
Wie die völlig besoffen aus dem Club taumeln, besonders die Frauen.

Schachspielen nach Feierabend
Samstag brauchte ich davon erstmal eine Pause und habe ausgeschlafen. Die Messe in der deutschen Botschaft war dann auch genau das Richtige, um ein wenig zu entspannen und mal Ruhe zu haben, das war die letzten Tage nämlich Mangelware. Danach ging's auf ein Bier zu Benno mit einem ehemaligen Offizier der marokkanischen Armee nebst seiner Freundin, der Chefin der GIZ in China. Sehr interessante Unterhaltung - wär's nicht alles auf Französisch gewesen, da Monsieur le Colonel nur Arabisch und Französisch sprach. Die Unterhaltung fand für mich also eher passiv statt.. In Benno's Wohnung lässt sich in einem weichen Sofa vorzüglich die Pekinger Skyline bewundern - die es in der Form vor 10 Jahren noch überhaupt nicht gab.

Ah, bevor ich's vergesse: Ich bin stolzer Fahrradbesitzer! Nicht irgendeins, es ist ein schnittiges Rennrad (Benno's Kumpel stoß breit feixend auf mein "erstes" Rad in Peking an, Radel klauen ist anscheinend Volkssport. Ein fettes Schloss von Abus wurde vom Händler als Rabatt reingeworfen...) und ich rase seit heute auf dem Pekingpeser durch die Stadt. Richtige Freiheit bei den Distanzen hier. Man merkt beim durch die Stadt fahren aber deutlich, dass Chinesen Westler auf Fahrrädern nicht gewöhnt sind. Der Verkehr folgt typisch asiatischen Regeln: Schrottauto vor Luxusauto vor Mittelklasseauto vor Fahrrad/Motorrad/Rikscha vor Fußgänger. Dabei fahren alle so, dass sie selber nicht zu Schaden kommen - und Ampeln werden sogar eingehalten!

Sonntag habe ich den Großteil damit verbracht, in ein neues Heim umzuziehen, einem gemütlichen Hotel mitten in einem Hutong ganz in der Nähe des anderen Ausgehviertels in Peking. Ich habe auch endlich einen VPN-Server an Land gezogen, den Chinas "Great Firewall" nicht schon beim Download abschießt. Wer plant, nach China zu reisen, sollte das auch unbedingt vorher organisieren; der Uni-VPN den ich schon vorher auf dem Rechner hatte, hatte leider nicht den gewünschten Effekt.
Jetzt geht's raus eine Runde radeln; die Luft ist aufgrund eines gestrigen Gewitters (eher Weltuntergangs) komplett klar - naja, "komplett" klar eben. Deshalb geht's jetzt auch raus und ein wenig Peking erkunden auf dem neuen Rad. Bis bald!

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