Freitag, 2. März 2012

ADDIS!


Bin da!

Flug nach Cairo war unkompliziert, hab Zeitung gelesen, Harry Potter geschaut und mich ein wenig gelangweilt. Zeitung lesen war so schön mal wieder! SZ und FAZ im direkten Vergleich ist auch ziemlich interessant, wie unterschiedlich die selben Agenturmeldungen kommentiert werden.

Es geht los...
Landung in Cairo und Transit war gar kein Stress. Ich hab das monatliche Dossier für Omi und Opapa geschrieben und ein wenig gelesen.

So ging die Zeit bis Abflug gut um, wieder in die Maschine, elf Uhr nachts ägytische Zeit war das mittlerweile. Glück gehabt: Die Maschine war nur halb gebucht, also habe ich mir eine komplette Bank alleine genommen: First Class in der Economy. Losgeflogen, Abend gegessen, in Decke gemummelt, Ohropax rein, Schlafmaske auf und bis zum Touchdown in Addis selig geschlummert.

Touchdown in Addis

Der Flughafen in Addis ist nicht ganz Frankfurt oder München, aber gegenüber einem der alten Heathrow-Terminals braucht es sich nicht wirklich verstecken. Der erste Geldautomat! Schnell die shiny new credit card rausgeholt, und die ersten Birr zum Kurs 23 Birr pro Euro geholt, sehr angenehm. Ah, oder eben doch nicht. PIN invalid - und zwar nicht nur an einem Automaten, sondern an mehreren. Scheint, als hätte mir die Commerz alles zugeschickt, nur nicht die richtige PIN. Das ist aber gelöst: Ich überweise per online banking (TANs sind dabei) der anderen Volo Geld, und die hebt das dann hier für mich ab.

Abgeholt wurde ich um vier Uhr morgens von Kidale, einem Taxifahrer der hin und wieder für Project-E fährt. Der hat mich am Flughafen sofort erkannt ("German, ah?") und eingesammelt, meinte "money no problem" und losgings. Draussen, 3 Uhr nachts, herrliche 19°C und man hat das Gefühl man steht mitten in der Savanne: Da der Flughafen bisschen außerhalb ist, es tiefste Nacht war und nur die Grillen zirpten, wirkt es so, als käme man in der Wildnis an. Kidale  brachte mich zu seinem Taxi, einem der typischen Contract-Taxi (oben weiß, unten blau, chromblitzend, Lada Oldtimer, wahnsinnig verbeult aber wirklich schön), wir fuhren mit 20km/h ca. 5 Minuten durch das tiefschlafende Addis, bevor wir an einem Gate hielten, dass von einem Wächter bewacht wurde. Da drin, in einem richtigen Bungalow mit lauter Wellblechhütten drumherum wartete Anne, mein Mitvolo auf mich. Noch schnell ein Glas Wasser, kurze Einweisung in Bad, Zimmer und ab ins Bett.

Heute morgen ausschlafen! Wie schön nach all der Lernerei und Aufsteherei zu unchristlichen Zeiten.

STRAHLENDE SONNE, Blumen blühen, Frühstück mit Amanuel, dem Country Rep von Project-E und jetzt gleich Mittagessen bei seiner Familie zuhause.
Das Haus gegenüber und die Straße


Freu mich riesig auf die Zeit!


Nachtrag: Der Nachmittag


Ein Fest war das bei Amanuel! Gegessen wird injera, ein schwammartiges, relativ feuchtes und deshalb auf den ersten Blick eher unsympathisches „Brot“, pfannkuchendünn und aufgerollt. Das wird ausgerollt und darauf werden allerlei Gemüsezubereitungen, Soßen und dem indischen Dal ähnlichen Linsengerichte verteilt. Kartoffeln, normaler Salat und Würstchen wurden dazu gereicht. Den Teller flankiert Alibibesteck, aber es gibt einen guten Grund, warum vorher von der Hausdame zum Händewaschen gebeten wurde. Es wird alles ausnahmslos mit der Hand gegessen. Die Unterscheidung zwischen rechter und linker Hand ist dabei nicht so streng, wie sie es in Indien wäre.
Nach dem Essen ging es zur Kaffeezeremonie in den Kaffeeraum, wo das uralte Großmütterchen saß und auf uns wartete. Dafür wird in der Mitte des Raumes ein Stof mit glühenden Holzkohlen gelegt und darüber kommt die Pfanne mit Kaffeebohnen. Bald wird der Raum durch den Duft frischgerösteten Kaffees erfüllt und kurz darauf wurde uns diese Köstlichkeit von der Cousine Amanuels ausgeschenkt. Das ist nicht nur dann so, wenn ferenjis da sind, nein, das wird generell bei feierlichen Anlässen so gemacht. Heute war Feiertag, Jahrestag des Gewinnes gegen die italienische Armee und also Grund genug.
Wir haben soviel gelacht. Emanuel, ein 31-jähriger nigerianischer Pastor und Prediger sowie Verantwortlicher für Youth Education für den Bereich Afrika bei der Afrikanischen Union ist hochintelligent und beißend komisch. Die Bälle flogen hin und her, Laurence, Emanuels kenianischer Praktikant mit Überdosis Charme und flinkem Mundwerk steuerte eine lustige Geschichte nach der anderen bei - und mittendrin das alte Mütterchen...
Anna, Beth und Emanuel bei Amanuel während der Kaffeezeremonie

Alle zusammen weiter zum Friendship (Supermarkt in der Gegend), schnell noch die benötigten Zutaten für das Abendessen gekauft und ab nach Hause.
Dort begann dann auch gleich die Kochorgie: Nach Art des Landes gewürztes Beef (Zimt, Oregano, Thymian habe ich geschmeckt) mit Reis, einem von Anna und mir gemachten Salat und einem unfassbaren Schokoladenkuchen von Saba, der Freundin von Amanuel. Der war wirklich unglaublich.
Nach dem Essen saß ich neben Emanuel, den ich fragte, was er denn eigentlich macht. Eigentlich macht Emanuel genau das, was Project-E macht. Aber weil er es nur mit Afrikanern zu tun hat, könnte er es aug eigentlich lassen, so der Grundtenor seiner frustrierten Situationsschilderung.
Afrika, so Emanuel, ist fruchtbar und zudem vollgestopft mit Ressourcen. Das Potential ist riesig. Was fehlt also, um diesem Kontinent so richtig auf die Sprünge zu helfen?
Vor allem scheinen es tradierte Werte zu sein. In Afrika, ganz bewusst generalisiert, wirst Du bewundert, wenn Du Boss oder reich bist - wobei das eine hier das andere bedingt. Jeder einzelne Mensch strebt nach größtmöglicher Macht, Reichtum und sozialen Status. Die Motivation zur Macht sei also nie, diese Macht für die Veränderung der Umstände zu nutzen sondern stets um in eine Position zu kommern wo man sich feiern lassen kann, den eigenen Reichtum mehren und die Macht zu sichern in der Lage ist.
Dies wirkt als Vorbild für alle, die darunter leiden - ganz analog zu Kindesschändern, die selber als Kinder Opfer von Misshandlung wurden. So schließt sich der Kreis, folgt Putsch auf Putsch, Diktator auf Diktator und humanitäre Katastrophe auf Katastrophe.
Aber, war mein Einwand, wie kann das denn sein, wo doch mittlerweile ein Großteil des afrikanischen Kontinents demokratisch ist und also die Bevölkerung ein periodisches Kontrollsystem hat?
Das Recht zur Wahl wird nicht als Werkzeug der Kontrolle und Disziplin gesehen. Politische Programme interessieren nicht. Wenn ich von meiner Regierung ausgebeutet werde und mir jemand verspricht, unter ihm sei mit der Ausbeuterei Schluss, so wähle ich natürlich ihn. Das nach gewonnener Gewahl die Früchte der Ausbeuterei in eine andere Tasche fließen ist wohl selbstverständlich.
Klingt unglaublich? Zimbabwe macht es gerade vor: Mugabe verlor in der Wahl Boden gegen seinen Widersacher aus der Opposition. Seit dieser in die Regierung gewählt worden ist, hört man erstaunlich wenig. Die Sitiuation hat sich nicht verbessert, eher im Gegenteil. Jetzt aber profitiert auch die Opposition davon, dass sie an der Macht teilhat.
Spannend!
Und tragisch auch.

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