Sonntag, 25. März 2012

Schömping


Die ersten Wolken ziehen auf! Seit Wochen warten die Menschen in Äthiopien auf die sogenannte „mini rain season“, eine Regenzeit in Kurzversion. Diese soll zwei bis drei Tage dauern und bringt den Bauern die entscheidende Menge Feuchtigkeit um ihre gesäte Ernte durchzubringen. Fällt die Miniregenzeit aus, fällt die Ernte aus.

Trotz der dunklen Vorboten am Himmel hatten Anna und ich ein Contract Taxi gemietet um im Frühtau zur italienischen Botschaft zu fahren. Dort würden wir zufällig ebendiesen Botschafter treffen, der uns daraufhin, dermaßen beeindruckt von uns beiden, zu seinen persönlichen Attachées machen wollte – Limousineservice mit „Corps Diplomatique“-Kennzeichen,  Diplomatenstatus, Wohnung in der Residenz des Botschafters und ein fürstliches monatliches Taschengeld inklusive.

So mein Traum.

Doch nein, wir waren lediglich dort um uns ein Springreitturnier (Jumping Competition) anzuschauen. Die deutsche (selbstverständlich), die englische, die französische und die italienische Botschaft haben nämlich ihre eigenen Ställe, die regelmäßig Dressur- und Springturniere gegeneinander abhalten. Addis hat auch noch 2 Reitvereine, die sind auch noch von der Partie. Um die Pferde zu diesem Zwecke von einer Botschaft in die andere zu bekommen, werden sie nicht etwa in einen Hänger verladen, nein nein. Warum etwas auf Räder stellen, wenn es sich doch selber fortbewegen kann?

So sieht man vor und nach den Turnieren Hunderte von stolzen Pferden von einem Ende der Stadt zum anderen Ende der Stadt ziehen, auf der Ring Road (Durchschnittsgeschwindigkeit 80 km/h) genauso wie durch Slums auf irgendwelchen holperigen Staubpisten zwischen Wellblechhütten. Ein absurder Anblick.

Wir gingen also in die Parkanlage, die italienische Botschaft heißt (wir gingen gut 10 Minuten mitten durch das Gelände, das eigentliche Gebäude habe ich noch nicht mal gesehen) auf das Reitareal zu, wo uns die Stimme von Dominique, der Kampfrichterin, aus den Lautsprechern entgegenschallte. Ich dachte zuerst, die Stimme sei ziemlich männlich. Dominique, Französin, Mitte 60, Schlabber-T-Shirt mit Lederbauchtasche lebt seit 40+ Jahren in Addis und spricht 4 Sprachen (Französisch, Englisch, Amharisch, Italienisch) flüssig aber keine einzige davon wirklich gut. Amharisch nicht, wegen ihres französischen Akzents. Italienisch nicht, wegen ihres französischen Akzents. Englisch nicht, wegen ihres französischen Akzents. Französisch nicht, wegen ihres amharisch-italienisch-englischen Akzents.

Dominiques Lieblingsbeschäftigung ist es, einem Reiter ein: „Aim sohry, ju did not kompliete sö schömp kurse, so ju ’äv biehn öliminätöde!“ bei voller Lautstärke durch das Mikrophon entgegen zu schleudern – wenn sie nicht vergas, das Mikrofon anzuschalten.

Wenn ihr das jetzt nicht verstanden habt, geht es Euch wie mir.

Das Springen an sich war aber sehr eindrucksvoll! Es gibt einige wunderschöne Pferde, die Hürden waren aus Tropenhölzern gefertigt und das Wetter wunderbar. Nur der äthiopische Reitstil war teilweise ein wenig gewöhnungsbedürftig – aber seht selbst! (Bilder folgen morgen)

Das „Schömping“ war beendet.

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