Nach den Schrecken von gestern war ich sehr froh, ein wenig
mit den äthiopischen Freunden unterwegs zu sein – es macht einfach einen
riesigen Unterschied ob man mit einheimischer Begleitung unterwegs ist, oder
nicht. Für sie allerdings auch: sie werden auf einmal viel mehr angesprochen
als normal, weil ich dabei bin.
Wir haben also gemütlich ausgeschlafen und sind dann zu
Amanuels Haus gelaufen, wo es köstlichen Cappucino (die Italiener haben dieses
Land nicht kolonialisiert, aber alles dagelassen, was gut schmeckt...) und
Pfannkuchen, einmal mit Käse, einmal mit Marmelade gab.
Diesen Sonntag waren wir im Service der Beza International
Church. Diese Kirche hat, anders als Emanuels Service letzten Sonntag, eine
Denomination: Pentecoastal.
Einen großen Unterschied im Inhalt merkt man insofern nicht
zwischen den beiden, als das beide mit Musik anfangen und dann der Pastor
predigt.
Beza ist aber mit seinen 2500 jungen Leuten (Hauptsächlich
vertreten: 20 – 30 Jährige) auf einer ganz anderen organisatorischen Stufe –
man könnte meinen, man ist mitten im Bible Belt in Amerika, technologisch
gesehen – und inhaltlich auch.
Das Ganze fängt mit ohrenbetäubendem Christian Rock an, alle
singen aus voller Kehle mit und stimmen sich ein auf das, was da kommen mag.
Bevor nun der Pastor (Bruder von AZ, einem richtig lustigen
und netten äthiopischen Amerikaner) das Wort ergreift, wird zuerst ein Film,
„Beza Updates“, auf allen Beamerleinwänden und Samsung-Flatscreens gezeigt –
mitten in der Messe. Dort wird zur Beza-Konferenz in Las Vegas im April
eingeladen. Warum die Beza, eine Kirche, die in Addis gegründet wurde, eine
Konferenz in Las Vegas macht, habe ich nicht verstanden, aber nun gut: Die
katholische Kirche wurde auch nicht in Rom gegründet und hält trotzdem dort Hof.
Etwaige Analogien sind selbstverständlich unbeabsichtigt...
Nach der Predigt heißt es „Service dismissed“ und jeder
sieht und wird noch ein wenig gesehen.
Ich bin Katholik, das habe ich gemerkt: Die Betonung aller
Protestanten auf den Glauben, der allein heilt (ohne die entsprechenden Taten),
ist mir zu einfach. Ich kann doch nicht auf der einen Seite meine Frau und
meine Kinder schlagen, mit der Frau meines Nachbarn schlafen und meinen Bruder
bestehlen und trotzdem ist alles heile Welt, solange ich nur glaube, dass Gott
der Größte ist.
So hat sich das nämlich angehört.
Nachmittags, auch das mittlerweile traditionell, geht es in
ein Restaurant, wo sich die ganze Clique zum Mittagessen trifft, was
normalerweise in einen gemütlichen Abend bei irgendwem mündet. So auch hier, wo
sich Mike (noch ein lieber Äthiopier) netterweise bereiterklärt hat uns in
seinem Domizil, der ehemaligen Residenz des mexikanischen Botschafters
aufzunehmen.
Ich sage Euch, das Haus ein 70er-Jahre-Traum von einem
Bungalow inkl. Klinker, Mustermosaik im Badezimmer und flauschigem Teppich –
nur leider nicht mehr taufrisch alles. Davor Mike’s Wagen, ein wunder- WUNDERschöner,
mit Liebe zum Detail restaurierter Benz aus den 50ern in Silber. Dies alles
eingebettet in einen riesigen Garten. Dies ist eine absolute Rarität in Addis,
seit die Sozialisten unter Mengistu Kaiser Haile Selassie gestürzt haben und solche Parzellen zum
Wohle der Bevölkerung aufteilten.
So ging ein weiterer Tag vorbei – viel zu schnell.
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